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ecke  
  szenenwechsel!   ···  (8422 mal gelesen)
     eintrag vom sonntag, 28. oktober 2001, 14:44

gestern war szenenwechsel im schauspielhaus. das war seit langem mal wieder ein kulturelles erlebnis, das sich in meine erinnerung einbrennen wird... szenenwechsel, das ist die lange nacht der geschmackvollen unterhaltung, wenn man so will. es wird musik gespielt und theater, geschichten erzählt und allerlei kulinarisches angeboten. das ganze an vielleicht zehn verschiedenen orten im schauspielhaus, so auf der bühne, der unterbühne, probebühne I und II, rangfoyer, vorhalle...
es ging eigentlich um vier am nachmittag los, wir waren halb fünf da. zunächst hat ein gospelchor des ro-ro-gymnasiums ein paar gospels geschmettert, was auf alle fälle schön anzuhören war. doch es wurde noch vieles anderes angeboten, weshalb wir bald reingingen - in der garderobe spielte eine jazz-band der selben schule stücke, die wohl jeder schon mal irgendwo gehört hat, ohne sich genau an den titel oder den interpreten zu erinnern. mmh. alles noch nicht berauschend, aber es hat doch spass gemacht.
dann gingen wir weiter, in die unterbühne. dort sollte "steelharmonie schwebende zeit" gespielt werden, ein stück von einem namensvetter von mir für acht oder neun bleche - die geschickt mit bögen bearbeitet wurden. aber das war auch mehr was für leute, die sich entspannen wollten und die ruhe hatten, sich darauf einzulassen. also nicht für mich (jedenfalls nicht in diesem moment). weshalb wir nach etwas anderem suchten und bald fündig wurden.
auf der probebühne II spielte halb sechs ein solokünstler, der titel war "erwin stache - musik auf eigenwilligen apparaten". und das war wirklich erste sahne. der mann hatte sich allerlei gerät mitgebracht; zu sehen waren telefone, ein akkordeon, verschiedene kisten, eine achtziger-elektrische-bassgitarre mit klaviatur, ein umgebautes keyboard, ein paar hebel, räder, scheiben und viele drähte... wir kamen ja leider ein bisschen zu spät, weswegen wir schon ein bisschen verpasst hatten. aber das, was wir geboten bekamen, war einmalig. der hobby-musiker und -elektronik-bastler hatte sich das alles umgebaut, den apparaten neue funktionen gegeben und alles in ein gesamtkunstwerk eingebettet. er konnte mit den hebeln, die aus dem fussboden ragten, tonbänder steuern; die kisten machten, je nach dem, wie weit der deckel geöffnet waren, verschieden hohe, laute oder schnelle geräusche. das akkordenspielen (was keinesfalls harmonisch war) begleitete er durch synthesizer-klänge mittels druck auf pedale. die telefone waren an einen verstärker angeschlossen; es waren die guten, alten dinger, die so schön ratterten. und ausserdem hat er noch tonbänder angeschlossen, die spielten, wenn der hörer abgenommen wurde. man konnte dem mann ansehen, was er für einen spass hatte, alles durcheinander und nacheinander zu spielen, und das publikum war zum grossen teil offen dafür, was grossen spass brachte. ich hab das erste mal, seit ich "toy story II" in der sneak preview gesehen hab, wieder tränen gelacht... eigentlich unbeschreiblich.
als das dann leider nach weniger als einer stunde vorbei war, gingen wir wieder zur bühne, wo jetzt experimentalfilme von studenten der kunsthochschule vorgeführt wurden. die haben nicht ganz so meinen nerv getroffen, sie waren mir zu experimentell... ich hatte mehr lust, mich einfach so unterhalten zu lassen. deswegen ging ich dann bald wieder zur unterbühne, wo schiller's "räuber" gespielt werden sollte, aber nicht von irgendwem, sondern von "manfred meihöfers vereinigtem gummitierensemble". (schauspielhaus: "geheimtipp für alle schillerfreunde und solche, die es nie werden wollten".) das war ebenfalls ein ein-mann-stück, wo meihöfer die darsteller durch gummitiere ersetzte, die er verschiebte, inclusive der souffleuse. aber leider war ich drei minuten zu spät unten, und man liess keinen mehr rein - weil's voll war und man die aufführung nicht stören sollte. verständlich, aber schade. also ging ich wieder auf die bühne, wo allerdings die filme auch nicht besser geworden sind... holte mir nen erbeerdaiquiri... und ging wieder rein. denn nach den filmen sollte "mein wunderbarer waschsalon" auf die bühne geholt werden, "seltsame begegnungen und tolle songs" von verschiedenen schauspielern des hauses. das war auch höchst amüsante kost für auge und ohr. interessanteste charaktere; verwicklungen, die nur dort existieren können, wo verschiedenste menschen gezwungen sind, zeit miteinander zu verbringen... einfach spitze. es wurden alte und neue, auf jeden fall bekannte songs dargeboten, die die geschichte erzählten, kaum dialoge. und ich vergass weitere freudentränen, es war einfach grandios.
diese qualität wurde im laufe des abends für meinen geschmack nicht noch einmal erreicht. später trat dann die ssbb, die "schäl sick brass band", auf, eine kölner truppe blechbläser inclusive gitarre, gesang und viel percussion. das war laut, gut, und rief zum tanzen auf, was auch viele dankbar annahmen. es wurden stücke à la kusturica mit seinem "no smoking orchestra" gespielt (wer "super 8 stories gesehen hat, kann sich's vorstellen) und andere, auch bulgarische und amerikanische songs, die mitrissen. vielleicht war die bühne auch ein ungünstiger ort für ein konzert dieser art; im sitzen ist es schon anders, so etwas anzuhören, als im stehen. man fühlt sich so auf der seite des konsumenten, man war halt im theater... und mittlerweile auch eher in einer passiven stimmung.
naja, das ging dann so ne weile. es wurde immer voller, wir gingen öfter raus, es war warm drin und stickig. und als einziger grosser act, der noch anstand, war halb eins "und endlich tanz" auf der bühne geplant. das war auch ziemlich imposant; der raum war so gross, dass man kaum denken konnte, man ist im schauspielhaus. bestimmt zwanzig meter hoch, die fläche dreissig mal vierzig. mindestens. eine hälfte mit tiefrot leuchtendem stoff ausgekleidet, dazu wurde starke perussion gebracht - wer jetzt in der stimmung zu tanzen war, kam voll auf seine kosten. aber ich war's nicht. und deswegen guckte ich noch ein bisschen rum, fand aber nichts wirklich interessant - und nach ner weile wurde der entschluss, bald nach hause zu fahren, auch in die tat umgesetzt. das war dann kurz vor halb drei, und zwar das zweite halb drei in dieser nacht.





ecke [last modified: montag, 22. oktober 2001]  
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